Pünktlich zur Länderspielpause hatten wir die Möglichkeit, uns mit Maurice Stuckey, der in der ganzen Basketballszene nur Moe genannt wird, zu unterhalten. Ein Spieler, den aktuell manch einer im Trikot der Nationalmannschaft erwartet hätte. Mit 27 Jahren ist er inzwischen im besten Alter als Profisportler angekommen. Er erzählt exklusiv über seinen Werdegang im Basketball, ein außergewöhnliches Treffen mit Michael Jordan und die Entwicklung der s.Oliver Würzburg in den letzten Jahren.

“Ich durfte zweisprachig aufwachsen.”

Sein Weg zum Basketball

Moe, du bist gebürtiger Augsburger, jedoch kommen deine Eltern ursprünglich nicht aus Schwaben.

Genau, mein Vater stammt aus Atlanta und war in der Kaserne in Augsburg stationiert. Meine Mutter hingegen ist Allgäuerin mit deutsch-französischer Abstammung. Glücklicherweise durfte ich daher zweisprachig aufwachsen – mit Deutsch und Englisch.

Welche Verbindungen hast du aktuell zu deinem Geburtsort?

Meine Eltern wohnen noch in Augsburg, genauso wie meine beiden Schwestern. Von daher bin ich schon noch gelegentlich dort. Mein Bruder hingegen wohnt in Würzburg.

Wie bist du zum Basketball gekommen? Schließlich ist Fußball allerorts die Nummer eins.

Wie fast jeder Junge, der in Deutschland aufwächst, habe ich zuerst Fußball gespielt. Mit sieben Jahren und vor allem durch meinen Vater hatte ich dann mein erstes Basketballtraining. Er spielte selbst oft in der Kaserne und hat mich immer mitgenommen. Und so habe ich dann zum ersten Mal Basketballluft geschnuppert.

Moe und Michael Jordan

Hattest du in deiner Kindheit auch Vorbilder aus der Bundesliga oder NBA?

Bis ich 17 Jahre alt war, kannte ich mich mit dem deutschen Basketball überhaupt nicht aus. Ich sah nur die Spiele von Alba Berlin, die im TV übertragen wurden. Hier war mir Wendell Alexis ein Begriff. Ansonsten habe ich nur die NBA verfolgt, da sah man immer wieder Dirk Nowitzki und Detlef Schrempf als deutsche Legionäre. Und natürlich Michael “Air” Jordan. Von ihm hatte ich auch einige Videos zuhause, die ich mir tagtäglich immer wieder ansah.

“Akeem hat sich hingegen getraut.”

Apropos Michael Jordan – mit 16 Jahren durftest du am “Jordan-Brand-Classic-Camp” teilnehmen. Dort wurdest du von der Legende höchstpersönlich als “talentiertester Nachwuchsspieler Deutschlands” bezeichnet. Welchen Stellenwert hatte das Camp für dich?

Das Camp ging 2006 auf Europatour und dort spielten die talentiertesten Spieler aus den verschiedensten Ländern Europas. Es waren Spanier, Russen, Deutsche und Belgier dabei. Und die Besten bildeten schließlich eine Europa-Auswahl, die gegen eine Truppe aus New York spielte. Inzwischen wird das Camp aber viel professioneller aufgezogen. Leider habe ich kein Bild mit Michael Jordan, genauso wenig wie ein Autogramm.

Also hast du ihn persönlich treffen dürfen?

Ja, er kam in einen Raum, in dem alle Spieler versammelt waren und setzte sich in die Mitte. Wir durften dann Fragen stellen. Allerdings war ich so nervös, dass mir keine eingefallen ist. Da ich MVP des Turniers wurde, bekam ich aber eine Trophäe von ihm persönlich. Von daher ist das Ganze doch ganz gut gelaufen für mich. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Akeem Vargas (Alba Berlin) eine Frage gestellt. Ich hätte allerdings keinen ganzen Satz vor Michael Jordan sagen können (lacht).

Karrierestart in Ehingen

War das Camp für dich auch ein Sprungbrett für die weitere Karriere, schließlich bist du ein Jahr später in die zweite Liga zu Ehingen gewechselt?

Das Camp war wichtig, denn es löste große Aufmerksamkeit aus. Allerdings lernte ich Ralph Junge, den damaligen Trainer in Ehingen, bereits mit 14 Jahren kennen und wir knüpften Kontakt. Ehingen hatte als einziger Verein ein gutes Konzept für die zweite Liga, das junge Spieler fordert und vor allem fördert. Von daher war das die absolut richtige Entscheidung.

Moe, wie verlief deine Karriere dann weiter?

Anschließend war ich dann drei Jahre in Bamberg. Natürlich spielt man zuerst in der zweiten Liga, aber man schaut, dass man eine Anbindung zur ersten Mannschaft herstellen kann. Sei es durch das Training oder auch durch die ersten Minuten bei Spielen. Anschließend war ich zwei Jahre in Würzburg und ging dann nach Oldenburg, bevor ich nun wieder in Unterfranken heimisch geworden bin.

Moe und Redakteur Jens

Basketballherz trifft Moe Stuckey

Hat dir die Nordluft nicht so zugesagt?

Oldenburg war eine tolle Erfahrung. Eine sehr schöne Stadt, eine super Organisation. Die Leute waren immer freundlich zu mir und ich fühlte mich auch sehr wohl. Es gab leichte Startschwierigkeiten, da ich noch niemanden kannte, aber ich wurde super integriert. Im März wurde dann Sebastian Machowski als Trainer ersetzt und dieser Wechsel war nicht förderlich für mich. Von daher haben wir uns im Sommer auch zusammengesetzt und trotz meines 2-Jahres-Vertrages die Zusammenarbeit beendet. Es lag aber nicht an der Entfernung zur Heimat, sondern an unterschiedlichen Auffassungen von Spieler und Trainer.

Vom Aufsteiger zum Playoff-Kandidat

“Wir hatten zu viele Schlüsselspieler.”

Und schließlich bist du nach dem Wiederaufstieg Würzburgs wieder in Unterfranken gelandet. Trotz namhafter Spieler konntet ihr eure Ziele in der vergangenen Saison nicht erreichen. Was waren hierfür die Gründe?

Letztes Jahr waren wir keine Mannschaft. Alle waren charakterlich einwandfrei, aber spielerisch haben wir es nicht geschafft, ein Team zu sein. Wir hatten viele Schlüsselspieler, vielleicht auch zu viele. Es hätte jeder einen Schritt zurückgehen müssen. Aber keiner wollte und konnte vielleicht auch zurückstecken, somit litt letztendlich der Teamerfolg darunter.

Moe, ist das auch ein Unterschied zur laufenden Saison? Harmoniert ihr nun besser miteinander?

Auf jeden Fall, der Erfolg bestätigt das. Aber es ist auch ein Lernprozess bis sich eine Mannschaft findet. Leider hatten wir jetzt eine kleine Serie mit knappen Niederlagen, doch der Sieg gegen den MBC vor der Länderspielpause gibt uns ein gutes Gefühl. Wir spielen dieses Jahr definitiv mehr als Team, finden auch meist den Extrapass. So funktioniert nun mal ein erfolgreiches Team.

Verantwortlich hierfür ist natürlich auch euer Coach Dirk Bauermann, einer, wenn nicht der erfahrenste Coach Deutschlands. Was sind speziell seine Stärken?

Allen voran ist er ein sehr impulsiver Trainer. Er motiviert dich ungemein und bereitet dich hervorragend auf die Spiele vor. Zusätzlich liegt sein Fokus ausschließlich auf dem Team und nicht auf einem einzelnen Spieler. Und natürlich die knallharte Verteidigung. Hier investieren wir beim Training sehr viel, auch wenn es nicht immer Spaß macht. Wenn am Ende des Tages aber der Erfolg stimmt, macht man es natürlich gerne.

Ambitionierte Ziele in Mainfranken

Spürst du persönlich, dass sich am Basketballstandort Würzburg einiges bewegt?

Ja, hier findet definitiv eine positive Entwicklung statt. Sportlich merkt man das an der Verpflichtung von Robin Benzing. Auch langfristig gesehen will man in Würzburg Schritt für Schritt nach vorne machen. Eine neue Halle ist schließlich auch geplant.

Und was sind eure Ziele für diese Saison?

Ganz klar die Playoffs. Jedoch will ich die Hauptrunde nicht als Siebter oder Achter abschließen.

Es gab auch schon etwas Bewegung in eurem Kader. Andrej Mangold, D.J. Richardson sowie Ryan Anderson mussten gehen, Vaughn Duggins kam. Ein Upgrade, damit eure Ziele auch erreicht werden können?

Das ist eine Entscheidung des Trainerteams. Andrej und D.J. waren hervorragende Arbeiter, menschlich 1A. Aber auch Vaughn ist ein klasse Spieler und angenehmer Zeitgenosse. Er hat seine Stärken schon gegen den MBC angedeutet, obwohl er erst seit knapp zwei Wochen beim Team ist. Vaughn wird uns noch viel Freude bereiten. Wir als Profisportler akzeptieren und respektieren diese Entscheidungen.

Aktuell bekommst du 25 Minuten pro Spiel und dankst es mit gut 10 Punkten im Schnitt und einer überragenden Quote von über 60% aus dem 2-Punkte-Bereich. Spürst du das Vertrauen von Coach Bauermann?

Der Coach gibt mir das Vertrauen, das spüre ich. Er gibt mir die Freiheiten, die ich brauche. Allerdings bin ich auch etwas ruhiger geworden, speziell bei Pick&Roll-Spielzügen. Außerdem attakiere ich wieder mehr den Korb, was eigentlich eine meiner Stärken ist.

Siehst du dich in ein paar Jahren auch noch als Teil des Würzburger Puzzles?

Basketball ist ein sehr schnelllebiger Sport, von daher kann ich die Frage nicht beantworten. Keiner weiß, wer in fünf Jahren hier Trainer ist. Eventuell wechselt auch mal ein Geschäftsführer. Von daher kann ich nur in die Glaskugel schauen und abwarten. Aktuell habe ich noch einen Vertrag für die kommende Saison und möchte diesen auch gerne erfüllen.

Fokus auf s.Oliver Würzburg

Moe, deine Leistungen sprechen eigentlich für eine Nominierung in der Nationalmannschaft. Warum bist du aktuell nicht mit dabei?

Ich habe von mir aus abgesagt, auch nach Rücksprache mit Dirk Bauermann und Henrik Rödl. Diese Zeit nutze ich nun zur Regenerierung.

Schließt du somit zukünftig einen Moe Stuckey im Trikot der Nationalmannschaft komplett aus?

Ich möchte es nicht komplett ausschließen. Aktuell konzentriere ich mich aber voll und ganz auf den Verein.

Mit 27 Jahren hast du noch einige Jahre als Profi-Basketballer vor dir. Hast du trotzdem schon einen Plan für danach?

Trainer werde ich sicherlich nicht. Zwölf verschiedene Charaktere zu einem Team zu vereinen… (lacht). Eventuell Individualtrainer. Ich würde sehr gerne in irgendeiner Form dem Sport erhalten bleiben.

Moe, was sind deine Lieblingsorte in und um Würzburg?

Ich gehe gerne asiatisch essen, alternativ bin ich mal in einem Burger-Laden zu finden. Oder am Stadtstrand einen Drink und die Aussicht genießen. Daheim an der PlayStation ist es aber auch schön.

Und zum Abschluss: Als Schwabe in Franken – ein Seidla Bier oder ein Schöpple Wein?

Weder noch, eher mal ein Radler.

 

Vielen Dank für das angenehme Interview.

 

Daniel Hackett im Exklusiv-Interview

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