Nachdem Leon Kratzer in der letzten Saison noch an s.Oliver Würzburg ausgeliehen wurde, startete er wieder in Bamberg in die Saison. Inmitten der aktuellen Spielzeit folgte dann aber der Wechsel zu den FRAPORT Skyliners, welcher ihm, betrachtet man dort seine Statistiken, sichtlich gut tut. Anlass genug, um mit dem jungen Center in einem Interview unter anderem über seine Geburtsstadt Bayreuth, frühe Erfolge in Bamberg und seine persönlichen Ziele bei den FRAPORT Skyliners zu sprechen.

Erste Anfänge im Basketball

Leon, du kommst gebürtig aus Bayreuth, einem Standort, an dem Basketball schon einen hohen Stellenwert hat. Auch dein Vater war Basketballer. War es von Anfang an klar, dass du auch Basketballer werden willst oder hast du auch andere Sportarten ausprobiert?

Ich war früher sehr an Fußball interessiert. Seit meinem vierten Lebensjahr habe ich im Verein Fußball gespielt. Irgendwann habe ich dann aber gemerkt, dass ich zu groß für die Sportart werde. Da ich schon immer gerne Sport getrieben habe und da mein Vater auch Basketballer war, dachte ich mir, dass ich es ja auch mal ausprobieren kann. Seit diesem Zeitpunkt habe ich mich in die Sportart verliebt.




Du hast in Bayreuth begonnen Basketball zu spielen und warst einer der jüngsten Spieler im Kader der JBBL in der Saison 2010/11. Wie kam es anschließend zu dem Entschluss, zum Konkurrenten nach Breitengüßbach zu wechseln? 

Mein damaliger Trainer der Bayernauswahl Mirko Petrick war auch verantwortlich für die Jugend in Bamberg. Dadurch ist dann auch der Kontakt zu Bamberg entstanden. Bamberg war schon 2010 an mir interessiert, aber weil ich mit Bayreuth so verbunden war und auch immer noch bin, wollte ich zunächst unbedingt in Bayreuth bleiben. Ich hatte das Gefühl, dass dort etwas heranwachsen kann. Sean McCaw, mein damaliger Trainer in Bayreuth, hat sich sehr für die Jugend engagiert und sich dabei sehr viel Mühe gegeben. Nachdem er den Verein dann allerdings verlassen hat, merkte ich, dass mir in Bamberg mehr Möglichkeiten geboten werden. Dort stand zum Beispiel immer eine Halle zur Verfügung für Trainings und es gab auch die Möglichkeit Regionalliga oder ProB zu spielen. Ich habe in Bamberg damals einfach bessere Chancen gesehen, um mich weiterzuentwickeln und den Schritt zum Basketballprofi zu gehen.

Was zeichnet die Jugendarbeit in Bamberg speziell aus? 

Bamberg hat bereits im Jugendbereich sehr viele festangestellte Trainer, die sich rund um die Uhr auf den Job konzentrieren können. Auch das komplette Konzept hat sich von der Profimannschaft, bis hin zu den jüngsten Jugendmannschaften, durchgezogen. Alle haben an einem Strang gezogen. Wolfgang Heyder war damals komplett dahinter gestanden und wollte auch sehr auf die Jugend setzen. Das heißt, es wird bereits in den Jugendmannschaften professionell gearbeitet.

Sehr gute Leistungen in der Jugend sowie in der ProA bzw. ProB

Leon, in deiner zweiten Saison in Breitengüßbach seid ihr mit nur einer Saisonniederlage in das JBBL Finalspiel eingezogen. Du hast in diesem Spiel 25 Punkte erzielt sowie 18 (!) Rebounds geholt und somit ein überragendes Spiel abgeliefert. Leider habt ihr das Spiel dennoch verloren. Was ging dir damals durch den Kopf nach der sehr guten Leistung vor eigenem Publikum dennoch zu verlieren? 

Es war damals schon echt schön, dass wir ein Finale in der eigenen Halle hatten. Und es war natürlich auch schön, dass ich ein gutes Spiel vor den ganzen Zuschauern in der brose Arena abgeliefert habe. Wir haben eine überragende Saison gespielt und haben dann im Finale gegen den eigentlichen Underdog verloren. Bereits zu Beginn der Saison hatten wir uns das Ziel gesetzt, die Meisterschaft zu gewinnen und hatten dann Glück, dass das Final Four nach Bamberg gelegt wurde. Es war ein Traum, vor den eigenen Fans, Freunden und Klassenkameraden zu gewinnen. Das war schon sehr bitter damals und es ärgert einen auch enorm.

In der Saison 2013/14 hast du dann das erste Mal in der ProB gespielt. In der selben Saison seid ihr dann auch direkt aufgestiegen in die ProA. 2014/15 habt ihr den Sprung in die Playoffs nur knapp verpasst. Deine Spielzeit erhöhte sich schnell auf knapp 20 Minuten im Schnitt und du legtest mehrere Double Doubles auf. Wie würdest du rückblickend deine Zeit in der ProA und ProB beschreiben? Was ist dir von dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben?

Für mich war es großartig bereits als junger Spieler im professionellen Bereich zu spielen und dort Erfahrungen zu sammeln. Ich habe in dieser Zeit unglaublich viel gelernt. Ivan Pavić war damals unser Trainer in Baunach. Er hat mich in die ProB geholt und einfach auf mich gesetzt. Er wollte immer, dass ich mich kontinuierlich weiterentwickle. Auch wenn ich mal Fehler machte, hat er mich weiter spielen lassen und hat auf mich gebaut. Wenn man in dieser Situation solch einen Trainer hat, ist das natürlich schon sehr viel wert.




Ich werde nie vergessen, wie Andi Obst damals den letzten Wurf getroffen hat und wir den Aufstieg in die ProA geschafft haben. Aber auch zum Beispiel an das Spiel, in dem wir vor fast ausverkaufter Halle gegen Würzburg in der Overtime noch verloren haben, werde ich mich immer erinnern.

Außerdem wurdest du in deiner letzten Saison in der ProA im Jahr 2017 zum ProA Spieler des Jahres und zum besten deutschen Spieler des ProA Spieljahres gewählt. Hattest du damit gerechnet?

Eigentlich nicht. Natürlich habe ich gewusst, dass ich ein ganz gutes Jahr gespielt habe, aber ich denke, dass bei solch einer Wahl die Amerikaner etwas bevorzugt werden, wenn sie eine sehr gute Saison spielen. Deshalb hätte ich nie gedacht, dass ein junger Deutscher zum MVP gewählt wird.

Vom Jugendspieler zum Profibasketballer

In der Saison 2016/17 hast du auch das erste Mal in der BBL für Brose Bamberg gespielt. Deine Einsatzzeit lag allerdings nur bei etwas mehr als 5 Minuten im Schnitt. Hast du dir nach starken Spielen in der ProA deine erste Saison im Profikader so vorgestellt oder hattest du dir etwas mehr erhofft?

Natürlich habe ich ein bisschen mehr erwartet, aber mir ist dann erst bewusst geworden, was da für Spieler um mich herum in Bamberg waren. Ich habe mir in den Spielen, die irgendwann eh schon gewonnen waren, dennoch ein bisschen mehr Spielzeit erhofft, um auch mehr Spielpraxis zu sammeln. In Bamberg war das aber einfach nicht möglich bei dem hohen Leistungsdruck und den hohen Erwartungen. Im Nachhinein betrachtet war meine Einsatzzeit in Anbetracht der genannten Faktoren dennoch zufriedenstellend.

Zur Saison 2017/18 wurdest du an Würzburg ausgeliehen. Wie kam es dazu?

Ich habe gemerkt, dass es schwierig ist, in Bamberg Spielzeit zu bekommen und wollte nach meinem guten ProA Jahr dann auch in der BBL mehr Spielzeit bekommen, um besser Fuß fassen zu können. Als Dirk Bauermann in Würzburg übernommen hat, zeigte er relativ früh Interesse an mir und hat mich kontaktiert. Wir haben viel gesprochen und ich habe mich dann für Würzburg entschieden, weil ich das Projekt auch sehr interessant fand.

Welche Erwartungen hattest du in Würzburg und wurden diese erfüllt?

Meine Erwartungen lagen bei 15 bis 20 Minuten Spielzeit. Außerdem wollte ich viel Spielerfahrung sammeln und als Spieler wachsen. Im Endeffekt durfte ich zwar BBL-Luft schnuppern und ich habe auch mehr gespielt als in Bamberg, aber ich habe leider nicht ganz die Verantwortung erhalten, die ich mir gewünscht hatte. Da ich zu diesem Zeitpunkt erst 20 Jahre alt war, war mir schon bewusst, dass ich mir für mein Alter hohe Erwartungen gesetzt hatte. Dennoch hatte ich persönlich etwas mehr erwartet. Insgesamt war es aber trotzdem für mein erstes „richtiges“ BBL-Jahr ein gutes Jahr, auch weil ich fester Teil einer Rotation war.

Leon, zur Saison 2018/19 warst du wieder im Kader von Brose Bamberg. Hast du dort deine Chance gesehen, nachdem von Michael Stoschek angekündigt wurde, dass der „Resetknopf“ gedrückt und vermehrt auf junge hungrige Spieler gesetzt wird?

Definitiv! Die Aussage war natürlich sehr schön zu hören und hat mich riesig gefreut. Da ich in Bamberg lange Zeit spielte, habe ich ganz klar gute Chancen gesehen. Am Ende konnten meine Erwartungen aber leider nicht ganz erfüllt werden.

Wechsel zu den FRAPORT Skyliners

Du hattest in dieser Saison nur 4 Einsätze im Trikot von Bamberg und warst dabei durchschnittlich auch nur 3,5 Minuten auf dem Feld. War das der Grund für deinen Wechsel zu den FRAPORT SKYLINERS, oder gab es noch andere ausschlaggebende Gründe für deinen Wechsel?

Nein, das war der Hauptgrund. Ich hatte einfach höhere Erwartungen an meine Rückkehr nach Bamberg. Selbst in Spielen, in denen Elias Harris verletzt war, habe ich dennoch nicht mehr Einsatzzeit bekommen. Für einen jungen Spieler ist es in so einer Situation schwierig, sich weiterzuentwickeln. Ich merkte, dass das Vertrauen nicht da war. Der Trainer wusste auch nicht genau, was er machen soll und ich wusste einfach nicht, wo ich genau in Bamberg stehe. Da dann in Frankfurt der Platz frei wurde, habe ich mich riesig gefreut, dass ich dorthin wechseln konnte. Das war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können!

Was sind deine persönlichen Ziele dort?

Ich möchte Erfahrung sammeln und als Spieler wachsen. Es ist ja bekannt, dass in Frankfurt die jungen Spieler auch eingesetzt werden und weiter gefördert werden. Frankfurt kombiniert älteren bzw. erfahreneren Spielern wirklich sehr gut mit jungen hungrigen Spielern. Gordon Herbert hat damit so viel Erfahrung und weiß genau, wie er das machen muss. Das ist hier echt Weltklasse! Deshalb möchte ich die Chance auch nutzen und mich durch Spielzeit und steigende Erfahrung kontinuierlich verbessern.

Du hast es bereits angesprochen – die FRAPORT SKYLINERS schmieden regelrecht deutsche Top-Spieler. Nach deinen ersten Eindrücken, was ist dort anders als an anderen Standorten?

Der Manager und der Trainer arbeiten hier sehr gut zusammen und haben einen sehr guten Austausch untereinander. Man möchte einfach, dass junge Spieler hier Fuß fassen und die Möglichkeit dazu auch wirklich bekommen. In anderen Vereinen ist das etwas schwieriger, da die Erwartungen der Besitzer bzw. Hauptsponsoren auf einem anderen Niveau sind. Deshalb haben die Trainer häufig das Problem, dass sie wegen des Erfolgsdruckes nicht die Möglichkeit haben, jungen Spielern viel Spielzeit zu geben. In Frankfurt darf man Fehler machen und sich weiterentwickeln. Gordon Herbert weiß auch einfach ganz genau, wie er mit jungen Spielern umgehen muss. Außerdem will man in Frankfurt auch ganz klar ein Ausbildungsverein sein und ganz bewusst jungen Spielern eine Chance geben, den nächsten Schritt zu gehen.




Nach deiner Verletzung war dein erstes Spiel gleich in Bamberg. Du warst fast 20 Minuten auf dem Feld und hast ein gutes Spiel abgeliefert. Was war es für ein Gefühl zurück nach Bamberg zu kommen? 

Es war schon irgendwie ein komisches Gefühl, da ich am Anfang der Saison noch in Bamberg spielte. Ich habe mich sehr gefreut, die ganzen Jungs wieder zu sehen und wurde auch von allen sehr nett empfangen. In Bamberg bin ich als Basketballer groß geworden. Deshalb war es natürlich ein besonderes Spiel für mich.

Verbundenheit zur Heimat

Am Mittwoch spielt ihr in Bayreuth. Mit Bamberg und Würzburg hast du in den letzten beiden Jahren bereits in Bayreuth gespielt. Wie fühlt es sich an, wenn man als Gast in seine Heimat kommt? 

Bayreuth bedeutet für mich immer noch Heimat. Bei Spielen gegen Bayreuth sind meine ganze Familie und meine ganzen Freunde in der Halle. Alleine, wenn ich die Halle betrete, bekomme ich schon Gänsehaut. Früher als Kind war ich noch auf den Zuschauerrängen gesessen und habe versucht, kein Heimspiel von Bayreuth zu verpassen. Ich habe immer mitgefiebert. Wenn ich jetzt selbst auf dem Parkett stehe, ist das für mich natürlich ein ganz spezielles Gefühl. So schön es auch ist als Gast nach Bayreuth kommen, so schwierig ist es aber auch in der Oberfrankenhalle zu bestehen, besonders, wenn es ein enges Spiel ist. Ich war letzte Saison mit Würzburg in dieser Situation. Wir haben lange Zeit geführt, am Ende hat Bayreuth das Spiel jedoch zum Kippen gebracht. Wenn Christian Höreth ins Mikro brüllt und alle Fans und Spieler von medi bayreuth mitreißt, ist das einfach eine unglaubliche Atmosphäre. Die Halle steht dann vollkommend hinter dem Verein und deshalb denke ich, dass es eine der schwierigsten Hallen in der BBL ist.

2018 hast du dich zum NBA Draft angemeldet, später deinen Namen allerdings wieder streichen lassen. Ist die NBA dennoch weiterhin dein großer Traum? 

Für mich ist es ein großer Traum in die NBA zu wechseln – da geht es mir wie vielen anderen Basketballern auch. In diesem Jahr bin ich automatisch zum Draft angemeldet, da es mein letztes Jahr ist, in dem ich gedraftet werden kann. Man sieht aber ja am Beispiel von Daniel Theis und Maxi Kleber auch, dass man nicht nur durch den Draft den Sprung in die NBA schaffen kann als Deutscher. Aber zuerst versuche ich mich in Frankfurt Stück für Stück weiterzuentwickeln.

Leon, hast du abgesehen von Basketball noch andere Hobbies?

Nicht wirklich. In meiner freien Zeit verbringe ich gerne Zeit in Bayreuth bei meiner Familie. Dort besuche ich ab und zu auch mal ein Eishockeyspiel, aber ansonsten nutze ich meine freie Zeit eigentlich nur, um mich zu entspannen und mein Leben zu genießen.

Vielen Dank für das nette Gespräch!    

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