Sein Vorgänger hat beim letztjährigen Überraschungsteam aus Bayreuth große Fußstapfen hinterlassen. Im Sommer schloss sich Trey Lewis nach langer Ungewissheit ratiopharm ulm an. Es war klar, dass Raoul Korner ihn nicht einfach so ersetzen kann. Er fand einen Spieler, der weitaus unauffälliger und unspektakulärer agiert, doch trotzdem ein breites Skill-Repertoire aufweist. Besonders von Downtown strahlt der Neue immense Gefahr aus und stellt somit eine wichtige Komponente im Spiel der Wagnerstädter dar. Sein Name? Gabe York. Vor einem Training hatten wir die Gelegenheit uns mit ihm zu unterhalten.
Festspielhügel statt Hollywood Hills
Gabe, woher kommst du ursprünglich und wieso hast du dich für einen Wechsel zu medi bayreuth entschieden?
Ich komme aus Los Angeles. Das ist eine riesige Stadt im Vergleich zu Bayreuth. Deswegen fühle ich mich ein bisschen eingeengt, aber auch Bayreuth ist eine schöne Stadt. Als ich mit meinem Agenten sprach, hat er mir über die Basketballkultur dieser Stadt erzählt. Obwohl in Deutschland Fußball ein größeres Thema als Basketball ist, wusste ich von ihm, dass es in Bayreuth etwas anders ist und es dort wahnsinnig viele Basketballfans gibt. Das war mir sehr wichtig bei meiner Entscheidung. Außerdem sind aus der letzten Saison sieben Spieler im Kader geblieben. Das war auch ein Grund, warum ich mich für Bayreuth entschieden habe.
Wie bist du eigentlich zum Basketball gekommen?
Ich komme aus einer kleinen Familie und fing als 4-Jähriger mit dem Basketball an, meine erste Sportart. Mein Bruder spielte schon vorher, was schließlich der Grund war, weshalb ich damit begann. Ich wollte alles machen, was mein großer Bruder auch tat. Als kleiner Bruder will man natürlich immer besser sein. Eine Zeit lang habe ich zudem noch Football gespielt, aber Basketball war immer meine Leidenschaft.
In den USA bist du durch deinen Auftritt in „At All Costs“ (Sportdokumentarfilm) kein Unbekannter. Wurdest du hier auch schon darauf angesprochen?
Ja, in Deutschland waren es mehr als gedacht. Einige haben mir eine Facebook- oder Instagram-Nachricht geschrieben. Andere erzählten mir, dass sie meine Spiele bereits vor meinem ersten Wechsel nach Europa verfolgt hatten. Das waren oft College-Basketball-Fans. Wenn du in den Staaten lebst und spielst, rechnest du nicht damit, dass jemand in Europa deine Spiele sieht. Mein Bruder war vor ein paar Monaten in China. Auch er wurde von mehreren Leuten auf mich angesprochen. Schon interessant, wer einen alles wahrnimmt.
Ein überzeugender Österreicher
Gabe, du hast zum ersten Mal in Europa in Italien gespielt. Wieso hat das nicht so gut geklappt?
Ich war nur für dreieinhalb Monate in Italien. In dieser Zeit habe ich nur sieben Spiele absolviert, in denen ich nur knapp zehn Minuten auf dem Feld stand. Das ist nicht wirklich das, was du dir als Rookie wünschst. Als junger Spieler kommt man nach Europa, weil man eine wichtige Rolle als Starter spielen möchte. Mich hatte damals der Geschäftsführer aus Italien angerufen. Dieser hatte eine komplett andere Ansicht als der Headcoach. Es gab einfach keine gute Kommunikation zwischen den beiden. Das war natürlich eine schlechte Situation, weswegen mein Weg dann zu den Erie BayHawks in die D-League (jetzt G-League) führte.
Wieso hast du dich dann trotzdem für eine Rückkehr nach Europa entschieden?
Nach meinem Weggang aus Italien hatte ich eigentlich gesagt, dass ich nie wieder in Europa spielen möchte. Als meine Saison in der D-League beendet war, hat mich Coach Korner angerufen. Er sagte, dass er große Erwartungen an mich hat und mit mir einiges vorhat. Eine andere Situation als in Italien, weil ich diesmal direkt mit dem Trainer telefonierte. Schließlich ist auch er es, der mir Anweisungen während des Spiels gibt und nicht der Geschäftsführer. Mit den Worten, die er an mich richtete, vereinfachte er mir meine Entscheidung deutlich.
Hast du zuvor schon etwas über Bayreuth oder Deutschland gewusst?
Nein, ich wusste noch nichts. Als ich meiner Oma vom Wechsel berichtete, erzählte sie mir nur, dass Deutschland für gutes Bier und Schokolade bekannt sei. Das war das Einzige, was ich vor meinem Wechsel wusste. Das Bier habe ich noch nicht probiert, aber die Schokolade ist wirklich lecker.
Doppelbelastung – Fluch oder Segen?
Was sind deine ersten Eindrücke vom Verein, den Menschen und der Stadt?
Das Team ist wirklich großartig. Ich habe mich mit jedem ziemlich schnell angefreundet. Auch abseits des Feldes verbringen ich viel Zeit mit meinen Teamkollegen, allen voran mit James Robinson. Die Leute in Bayreuth sind wirklich sehr freundlich und nett. Als ich einmal im REWE einkaufen war, konnte ich einige Dinge nicht finden. Plötzlich kam ein Fan zu mir und begleitete mich durch den kompletten Laden, um mir bei meinem Einkauf zu helfen. Es gibt hier außerdem viel mehr Natur und frische Luft als in Kalifornien. Einzig an das kalte Wetter im Winter muss ich mich noch gewöhnen.
Kurz zu deinem Trainer. Was macht ihn so besonders?
Er versteht das Spiel und seine Mannschaft exzellent und hat für jeden Spieler die passenden Spielzüge. Wenn ein Spieler heiß ist, lässt er viele Plays für ihn laufen. Das gibt es nicht bei vielen Trainern. Er verschafft uns auf diese Weise immer wieder gute Spots.
Empfindest du den zusätzlichen europäischen Wettbewerb eher als Vorteil oder Nachteil?
Die Reisen zu den internationalen Spielen sind nicht wirklich angenehm. Aber ich bin der Meinung, dass es hilfreich ist, in zwei Wettbewerben zu spielen. Als Spieler will man lieber mehrmals pro Woche spielen, als die ganze Woche auf ein Spiel hin zu trainieren. Spiele sind interessanter als Training und helfen auch dabei, die Motivation aufrecht zu erhalten. Dadurch arbeitet man noch härter an sich selbst, weil man jeden Gegner schlagen will und in beiden Wettbewerben erfolgreich sein möchte. Ich würde sagen, dass es definitiv ein Vorteil und kein Nachteil für uns ist.
Der richtige Wurf
Gabe, du bist ein guter Shooter. Wie schwer ist es, die richtigen Würfe zu nehmen? Denkst du darüber viel im Spiel nach?
Ich denke darüber oft nicht nach. Natürlich sind auch mal Würfe dabei, die der Trainer nicht gerne sieht. Das sind beispielsweise Würfe, bei denen noch viel Zeit auf der Shotclock ist. Aber solange ich diese Würfe treffe, sagt keiner etwas dagegen. Wenn ich aufs Feld komme und fühle, dass ich den Dreier nehmen sollte, dann zögere ich nicht. Meistens treffe ich diese Würfe auch. Und wenn nicht, hoffe ich darauf, dass Andi (Seiferth) oder Assem (Marei) den Rebound holen und mich dadurch nicht so schlecht aussehen lassen (lacht).
Was kannst du an deinem Spielstil noch verbessern?
Ich muss daran arbeiten, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Also zu wissen, wann ich werfen oder doch lieber passen sollte. Oft werde ich ziemlich gut verteidigt. In diesen Fällen ist es dann besser den Ball zu passen.
Wirst du hier besser verteidigt als noch in der D-League?
In der D-League (jetzt G-League) wird keine Verteidigung gespielt. Jeder möchte sich im eins gegen eins zeigen, um sich für die NBA zu empfehlen. Dort arbeitet man mehr für sich selbst und nicht im Sinne des Teams. Auch in Italien wurde die Verteidigung nicht so großgeschrieben wie in der BBL. In Deutschland wird viel mehr Wert auf eine gute Teamleistung gelegt. Die Mannschaften bestehen aus sehr guten Individualspielern und das ganze Spiel ist wesentlich physischer.
Gabe über Theis, Miller und Kleber
Wirst du auch nächste Saison wieder im medi-Trikot zu sehen sein?
Wenn das Geld stimmt (lacht). Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt. Natürlich hoffe ich es in die NBA zu schaffen. Sollte es aber nicht klappen und ich ein attraktives Angebot bekommen, wäre medi bayreuth definitiv eine gute Alternative.
Wie realistisch ist das Ziel NBA für dich?
Ich weiß, dass es mit Daniel Theis, Darius Miller und Maxi Kleber nach der vergangenen Saison drei Spieler aus der BBL in die NBA geschafft haben. Und das ist auch mein großes Ziel.
Gabe, nun noch zwei Fragen für die weiblichen Fans. Bei dir fällt auf, dass du dir oft durch die Haare fährst?
(lacht) Das liegt daran, dass mir die Haare nach jeder Aktion immer ins Gesicht fallen. Das stört mich und deswegen muss ich sie so oft neu richten, damit ich besser sehen kann.
Haben deine Tattoos irgendeine Bedeutung?
Ja, jedes Tattoo habe ich aus einem bestimmten Grund. Ich habe viele Bibel-Sprüche tätowiert. Außerdem habe ich ein Portrait von Jesus auf dem Arm, wie er das Kreuz trägt. Der Glaube spielt wirklich eine große Rolle in meinem Leben. Dann habe ich beispielsweise noch einen Löwen tätowiert, weil ich im August geboren bin.
Kannst du schon ein paar Worte auf Deutsch sagen, Gabe?
Als wir auf der Spielerpräsentation vor der Saison waren, habe ich dafür einen deutschen Satz gelernt. Daran kann ich mich immer noch erinnern. Ich sagte: „Ich bin froh, hier zu sein“. Zudem arbeite ich bereits daran, Deutsch zu verstehen und zu sprechen. Ein paar Wörter und Ausdrücke kenne ich bereits. Zum Beispiel „schwarz“, „weiß“, „danke“, „bitte“, „auf geht´s“, „wie geht´s“ und „mir geht es gut“.
Danke für das nette Gespräch!
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