Mit 27 Jahren erst bei seinem zweiten Klub überhaupt – wirklich ungewöhnlich für einen Profi-Basketballer! Doch sein Beispiel zeigt, dass man sich nicht jede Off-Season verändern muss und trotzdem erfolgreich sein kann. Der Österreicher Tommy Klepeisz geht in seine dritte BBL-Saison nun als Kapitän der Basketball Löwen Braunschweig. Als Konstante im Team ist er Garant für eine gute Teamchemie. Dass er auch auf dem Feld mehr Verantwortung übernehmen kann, zeigte er am letzten Wochenende in Bayreuth. Dort ermöglichte er es seinem Team durch eine starke zweite Hälfte noch einmal eine Aufholjagd zu starten.

Ein einschneidendes Erlebnis

Thomas, in Österreich sind ein paar andere Sportarten populärer. Wie kommt man da zur “exotischen” Sportart Basketball? Weil das in deiner Heimatstadt die Nummer eins war?

In Güssing sind Fußball und Basketball ungefähr gleich beliebt. Als Kind spielte ich zuerst Fußball. Mein zwei Jahre älterer Bruder brachte mich dann schließlich zum Basketball. Als ich noch in der Jugend für Güssing spielte, stieg mein Heimatverein aus der zweiten Liga Österreichs auf. Somit war mein Weg geebnet und ich entschied mich letzten Endes für diesen Sport.




Du hast mit den Güssing Knights Vieles erreicht und warst 2014/15 sogar MVP des Pokal-Finalturniers. Wie schwer war es für dich, den Lizenzentzug 2016 mitzuerleben?

Das war eines der einschneidensten Erlebnisse meines bisherigen Lebens. Meine Familie, mein Bruder und ich steckten sehr viel Herzblut in unseren Verein. Zusammen hatten wir dort etwas aufgebaut. Wir spielten sogar international und dann war es mit dem Profisport in Güssing leider vorbei.

Danach bist du das erste Mal ins Ausland gewechselt. Hattest du dich aufgrund deiner Entwicklung schon vorher mit diesem Gedanken beschäftigt, den nächsten Schritt im Ausland gehen zu wollen? Oder kam das erst zwangsweise mit dem Aus deines Heimatvereins auf?

Für mich war klar, dass es in Güssing nach dem Lizenzentzug leider nicht weitergehen kann. Ein Verbleib in Österreich kam für mich deshalb nicht in Frage. Von daher gab es nur die Option ins Ausland zu wechseln und außerhalb Österreichs die nächsten Schritte zu gehen.

Die Konstante der Basketball Löwen

Warum fiel deine Wahl auf Braunschweig? Wie kam dieses Engagement zustande?

Kurz nach dem Lizenzentzug klingelte mein Telefon und der damalige Headcoach der Löwen rief mich an. Raoul Korner stellte mir die Situation in Braunschweig dar und riet mir, diesen Weg zu gehen. Mit einem geringeren Etat in der Saison 2016/17 wollte Braunschweig gezielt auf junge Ausländerspots setzen. Sie wollten Spieler, die sich beweisen wollen. Obwohl Raoul nach der Saison nach Bayreuth wechselte, empfahl er mich seinem Nachfolger und meinem jetzigen Trainer, Frank Menz.

Inzwischen gehst du in deine dritte Saison in Braunschweig, überhaupt sind die Löwen erst dein zweiter Verein. Brauchst du diese Konstanz?

Konstanz und Kontinuität ist das A und O in meinem Leben. Denn wenn ich mich irgendwo wohlfühle – wieso soll ich dann woanders hin? Braunschweig hat mich, obwohl ich aufgrund einer Verletzung beim österreichischen Nationalteam die ersten Wochen meiner ersten BBL-Saison ausfiel und dadurch Startschwierigkeiten hatte, auch immer unterstützt.

Was bedeutet es dir, nun auch Kapitän der Löwen zu sein?

Dieses Amt bedeutet mir sehr viel. Schließlich ist es nicht selbstverständlich, dass ein ausländischer Spieler längerfristig in einem Team ist und dann noch das Amt des Kapitäns inne hat. Aber es macht für mich intern keinen großen Unterschied, denn ich habe auch letzte Saison schon versucht, als Führungsspieler vorauszugehen.

In der BBL hattet ihr ein wahnsinnig schweres Auftaktprogramm und seid mit vier Niederlagen gestartet. Was erwartet ihr als Team diese Saison von euch selbst?

Mit Oldenburg, Bonn München und Bayreuth hatten wir gleich vier dicke Brocken. Von daher kam es nicht ganz überraschend. Ein Sieg gegen Vechta ist daher fast schon Pflicht. Die Liga ist in diesem Jahr noch stärker und ausgeglichener. Aber natürlich wollen wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben, sondern perspektivisch eher Richtung einstelligen Tabellenplatz schauen. Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass wir in der vergangenen Saison mit Platz 12 nahezu das Optimum herausgeholt haben, da wir viele knappe Spiele für uns entscheiden konnten.

Gute Stimmung im Team

Dagegen seid ihr im Pokal gegen den MBC eine Runde weitergekommen. Wie taugt dir der neue Modus?

Ich denke, dass die Veränderung im Pokalmodus dem deutschen Basketball und den Fans entgegenkommt. Es gibt mit Göttingen und Jena zum Beispiel zwei Mannschaften, die den scheinbaren Favoriten in Runde eins geschlagen haben. Und seien wir doch ehrlich: Das ist doch der Reiz des Pokals!




Wie ist allgemein die Stimmung bei den Löwen?

Trotz der kleinen Niederlagenserie ist die Stimmung nach wie vor sehr gut im Team. Deshalb sind auch viele Spieler hier in Braunschweig geblieben, wie beispielsweise DeAndre Lansdowne und Scott Eatherton.

Ist euer Coach Franz Menz auch ein entscheidender Faktor in dieser Hinsicht?

Definitiv. Er legt bei der Kaderzusammenstellung sehr großen Wert auf den Charakter der Spieler und informiert sich akribisch im Umfeld der potentiellen Kandidaten.

Und welche Art des Coachings verfolgt er?

Er definiert sich primär über die Defensive. Bei der Analyse zeigt er uns die Fehler auf, warum wir unter dem eigenen Korb die Spiele verlieren bzw. auch die Gründe, warum wir erfolgreich sind.

Der Michael Jordan des Skifahrens

Mit Neuzugang Travis Taylor hast du bereits in Güssing erfolgreich zusammengespielt. Wie sehr hast du dich gefreut, als du erfahren hast, dass er nach Braunschweig wechselt?

Wir haben in meiner Heimat gemeinsam Erfolge gefeiert, so haben wir Meisterschaft und Pokal gewonnen. Die Verpflichtung von Travis ist ein Glücksfall für mich. Ihm fällt die Integration leichter, da er mich bereits gut kennt. Andersherum bin ich mir bewusst, was wir an ihm haben. Allerdings habe ich mit Tim Schwartz einen sehr guten Kumpel nicht mehr im Team.

Du bist ja auch ein großer Marcel Hirscher Fan, den du als „Michael Jordan des Skifahrens“ bezeichnet hast. Was kannst du dir von solch einem Athleten abschauen?

Man kann sich von jedem erfolgreichen Sportler, aber auch Menschen, etwas abschauen. Es ist eben nicht immer das Können oder das Talent, was einen Sportler erfolgreich macht. Wenn du Marcel mit anderen vergleichst, dann wirst du immer feststellen: Er arbeitet einfach viel härter für den Erfolg. Es war der Wahnsinn, wie er nach seinem Knöchelbruch vor zwei Jahren zurückgekehrt ist und seine Konkurrenz wieder dominiert hat.

Was hast du sonst noch für Hobbies?

Im Sommer gehe ich gerne Beachvolleyball spielen oder zocke eine Runde Billard mit meinen Freunden. Ansonsten gehe ich auch gerne mal ins Schwimmbad.

Und schnallst du dir auch selber mal die Ski unter die Füße?

Dafür habe ich durch den Profisport aktuell keine Zeit. Außerdem ist es mir aufgrund der Verletzungsgefahr vertraglich untersagt, während der Saison auf der Piste zu stehen oder auch andere Extremsportarten auszuüben. Das ist aber ganz sicher etwas, worauf ich mich nach meiner Sportlerkarriere so richtig freue.

Hattest du mal einen Plan B, falls es mit dem Basketball nicht geklappt hätte?

Mein Vater ist Jurist und so hatte auch ich mit dem Jurastudium in Österreich begonnen. Allerdings musste ich es nach gut einem Drittel der Studienzeit auf Eis legen, da wir mit Güssing international spielten. Es war schlichtweg zeitlich nicht mehr möglich, da Anwesenheitspflicht bestand.

Vielen Dank für das lockere Gespräch. (24.10.2018)

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