Seine Zeit als Basketballprofi ist vorbei, auch wenn er sich eigentlich schon wieder auf die neue Saison vorbereiten möchte. Doch die Schuhe sind nun an den Nagel gehängt. Endgültig. Konrad Wysocki befindet sich gerade in einer Übergangsphase. Teils blickt er noch auf seine tolle und ereignisreiche Karriere zurück, vor allem muss er sich jetzt aber nach vorne orientieren. Er hat auch schon gewisse Vorstellungen, um was sich sein zukünftiges Leben drehen wird – auf jeden Fall nicht um Basketball.

Finale furioso

Hallo Konrad, du bist seit knapp einem Monat selbsternannter Basketball-Rentner. Was machst du momentan so?

Aktuell genieße ich einfach die Zeit mit meiner Familie und versuche den Kopf etwas frei zu bekommen. Nichtsdestotrotz habe ich ab und an das Bedürfnis in die Halle zu gehen, ein paar Körbe zu werfen und mich auf die neue Saison vorzubereiten, obwohl es keine neue Saison für mich geben wird.  Ansonsten basteln wir gerade daran, uns eine neue Existenz aufzubauen. Und wir freuen uns auf den nächsten Schritt in unserem Leben.




Wie viele Nerven hat dir die vergangene Saison gekostet und wie hast du den Klassenerhalt der Merlins wahrgenommen?

Nach den bitteren Niederlagen gegen Bremerhaven und Göttingen hatte uns keiner mehr auf dem Zettel. Wir hatten nur noch eine mathematische Chance auf den Klassenerhalt. Aber dann spielte uns alles in die Karten – der MBC war gegen Bremerhaven erfolgreich und wir gewannen unser Heimspiel in Würzburg. Das war an Dramatik fast nicht zu überbieten. Auch wenn wir nicht in eigener Halle spielten, so waren doch viele Fans aus Crailsheim dabei und wir konnten eine großartige Party daraus machen. Das war ein einmaliges Erlebnis und ein toller Abschluss für mich persönlich.

Was waren für dich die entscheidenden Faktoren für den Klassenerhalt?

Wir haben immer an uns geglaubt. Wir wussten, dass wir nicht so schlecht sind, wie es den Anschein macht. Es waren viele Spiele dabei, die wir knapp und unglücklich verloren haben. Und zum Schluss spielten wir gegen die Baskets aus Oldenburg, die kein direkter Konkurrent waren. Vielleicht spielte es uns sogar in die Karten, dass das Heimspiel in Würzburg über die Bühne ging. So hatten wir auch etwas weniger Druck und konnten uns auf neutralem Boden ausschließlich auf unser Spiel konzentrieren und das spürte man von Beginn an.

Zuhause in Crailsheim

Warum bist du den Merlins nach deiner ersten Saison trotz des Abstieges treu geblieben?

Mein Auftrag lautete, dass ich sportlich mit Crailsheim in der Liga bleiben sollte. Das ist uns leider nicht gelungen. Ich habe das Ganze dann auch auf mich geschoben – ich hätte mehr trainieren können, mehr Einsatz zeigen können. Und diesen Auftrag wollte ich einfach zu Ende bringen. Natürlich wäre es einfacher gewesen, den Verein zu wechseln. Aber sowohl ich, als auch meine Familie haben sich zu jeder Zeit in Crailsheim sehr wohl gefühlt. Dass diese Mission dann etwas länger dauerte, da der direkte Wiederaufstieg nicht klappte, konnte ich nicht ahnen. Aber nun im zweiten Anlauf die Klasse mit den Merlins zu halten, ist natürlich ein Riesending!




Konrad, möchtest du den Fans der Merlins auf diesem Weg auch noch etwas mitgeben?

Die Nähe zu den Fans in Crailsheim ist toll. Teilweise besuchen sie auch die Trainingseinheiten, diskutieren nach den Spielen mit uns, was falsch und richtig gelaufen ist. Diese Spieler-Fans-Beziehung ist einmalig hier. Ich habe es schon oft betont: Es war mir eine Ehre, für diese Stadt, diesen Verein und für diese Fans über viele Jahre aktiv gewesen zu sein. Es macht mich auch stolz, dass Crailsheim meine letzte Profistation war.

Zurückblickend auf deine Karriere – wann war für dich klar, dass du dein Geld mit Basketball verdienen willst?

Ach, das ist schwer zu sagen. Am Anfang ist es schwer, da man sich überall durchkämpfen muss. Ich begann erst mit 22 Jahren meine richtige Karriere – als ich vom College nach Deutschland zurück kam, da habe ich teilweise bei Null angefangen. Wenn ich mir jetzt die Jungs anschaue, die teilweise mit 16 Jahren schon ihre ersten BBL-Minuten bekommen, dann war das bei mir komplett anders. Allerdings ging es bei mir dann sehr schnell. Nachdem ich mit Ulm den Aufstieg in die erste Liga schaffte, war für mich klar, dass ich in der Basketballwelt angekommen bin. Dann spielte ich eine starke erste Saison, wurde für die Nationalmannschaft nominiert und es ging Schlag auf Schlag.

Konrads Zeit in Polen

War die Umstellung vom College zum europäischen Basketball schwer?

Beim Collegebasketball spielst du gegen Gleichaltrige. Manche wollen sich zeigen, um den nächsten Schritt in ihrer Laufbahn zu machen – egal ob NBA, G-League oder andere Ligen. Zurück in Europa ist Basketball natürlich ein Männersport – das war eine gewaltige Umstellung. Allerdings war der Princeton-Basketball nicht so meins. Ich lernte dort zwar die Sachen, die mein Spiel die letzten Jahre auszeichneten. Trotzdem mag ich den temporeichen Basketball lieber. Aus rein sportlicher Sicht war Amerika nicht die beste Entscheidung.

Apropos Europa – du hast auch polnische Wurzeln. Hast du noch einen Bezug zu Polen?

Als gebürtiger Pole habe ich auch den polnischen Pass. Irgendwann wurde ich dann mal gefragt, ob ich dort spielen möchte. Das ist nicht uninteressant, da immer drei einheimische Spieler auf dem Parkett stehen müssen. Dies war mir neu und ich konnte dadurch auch mein Heimatland und die dortige Kultur etwas besser kennen lernen. Natürlich auch die Sprache, das Essen und die Leute – eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte. Schließlich spielte ich drei Jahre in Görlitz und ein Jahr bei Anwil.

War die polnische Nationalmannschaft für dich jemals zur Debatte gestanden und verfolgst du die aktuelle Entwicklung des Basketballs dort?

Weder noch. Da ich schon relativ früh für Deutschland spielen durfte, stellte sich die Frage für mich nicht.

Olympische Spiele und Vizemeisterschaft

Olymische Spiele in Peking 2008 – welche Erfahrungen konntest du dort sammeln?

Es waren zu viele Eindrücke auf einmal. Das war überwältigend. Nicht nur einen Nowitzki dabei zu haben, von dem man einfach nur als Person beeindruckt sein muss, sondern auch das Olympische Dorf. Ich wurde dort etwas ins kalte Wasser geschmissen und das ist eine Sache, die ich heute etwas bereue. Ich hatte mir nie die Zeit genommen, um zu realisieren, wo ich gerade bin und was ich gerade mache. Ständig stand ich in Peking unter Anspannung, wollte immer alles geben und hatte somit auch keine Möglichkeit, mal durchzuschnaufen und alles auf mich wirken zu lassen. Unterm Strich habe ich natürlich Fotos und Erinnerungen, aber wenn ich nochmal die Zeit hätte, würde ich versuchen, die Zeit besser zu nutzen.

Mammutaufgabe bei Olympia 2008 - Konrad verteidigt LeBron James

Mammutaufgabe bei Olympia 2008 – Konrad verteidigt LeBron James

Was war dein persönliches Karrierehighlight?

Die Zeit in Oldenburg – verbunden mit der Vizemeisterschaft. Wir haben zwar einen Sweep gegen Bamberg kassiert, aber in Summe waren es nur sieben Punkte Differenz. Das war eine unglaubliche Serie. Wir hatten eine Mannschaft, in der einfach alle Charaktere funktionierten und auch viele Freundschaften entstanden. Ansonsten noch das letzte Jahr in Crailsheim mit dem Klassenerhalt – viele Sachen sind so gelaufen, dass man sie nicht hätte besser schreiben können.

Welche Entscheidung in deiner Karriere bereust du im Nachhinein?

Gar keine. Jede Entscheidung in meinem Leben hat mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Natürlich könnte ich jetzt sagen, was wäre passiert, wenn ich direkt nach der Highschool zurück nach Deutschland gegangen wäre und nicht Architektur in den USA studiert hätte. Es gibt immer Vor- und Nachteile, aber in Summe bin ich mit allem zufrieden.

Blick in die Zukunft

Nun konnte man dich öfters als Kommentator antreffen. Kannst du dir vorstellen in dieser Branche zu arbeiten?

Ich denke nicht. Das ist eher ein Ausprobieren, zudem kann ich so am Basketball noch etwas festhalten. Aber es ist viel schwieriger als gedacht. Mein größter Respekt an alle, die diesen Job tagtäglich machen! Mein Leben wird sich zukünftig doch eher um die Architektur drehen.




Hast du schon konkrete Pläne für die Zukunft?

Es gibt Pläne, aber konkrete Pläne können sich auch schnell ändern. Da ich Sportler bin, weiß ich, dass es sich das von einem auf den anderen Tag ändern kann. Ich werde jetzt erst einmal 15 Jahre Profisport aufarbeiten und nach dieser Übergangszeit werde ich sicherlich irgendetwas in Richtung Immobilien machen.

Dein Vater war auch Basketballer, ebenso dein Bruder Kevin. Was macht er eigentlich?

Kevin hat eine Marktnische gefunden. Er restauriert inzwischen Oldtimer, schraubt an alten Autos rum und begann somit auch einen neuen Lebensabschnitt.

Vielen Dank für das lockere Gespräch! (09.07.2019)

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